Unsere Orgeln
Die große Orgel der Stiftskirche Königslutter
Im Jahre 1895 wurde von der Orgelbaufirma Furtwängler & Hammer aus Hannover eine neue Orgel in die Stiftskirche eingebaut. Die Orgel entspricht im Klangbild ganz der Romantik. Durch viele grundtönige und streichende Register entsteht ein symphonischer Klang, der durch fehlende, klare Werkeinteilung unterstützt wird. Der Prospekt besteht aus romanischen und gotischen Elementen, ganz der historisierenden Malerei der Kirche angepasst.
Die ursprünglich mechanische Traktur (Verbindung der Taste mit dem Ventil durch Holzleisten) und die durch Luftdruck gesteuerte Registerschaltung (pneumatisches Regierwerk) wurden 1984 durch elektrische Magneten ersetzt. Das Pfeifenwerk steht auf einer Kegellade, einer Entwicklung des letzten Jahrhunderts, die sich durch hohe Anfälligkeit (unter je einem Ton ein kegelförmiges Ventil) nicht bewährt hat und heute nicht mehr verwendet wird.
Der Spieltisch steht frei vor dem Orgelprospekt mit Blick nach Osten, zum Hochaltar. Die Orgel besitzt 4 Werke, die in 1 Pedal- und 3 Manualwerke aufgeteilt sind. Mit 44 klingenden Registern und 2136 Pfeifen steht in der Stiftskirche ein großes und klangvolles Instrument.
Die Disposition der Orgel wurde in den vierziger Jahren etwas verändert, sodass auch das Spielen von barocker Musik verbessert wurde. Die veränderten Register sind mit einem * versehen.
Die Disposition vor der Restaurierung
Hauptwerk (Man I) |
Seitenwerk (Man II) |
|||
Bordun |
16' |
Quintatön |
16' |
|
Prinzipal (O) |
16' |
Prinzipal |
8' |
|
Prinzipal |
8' |
Octave |
4' |
|
Hohlflöte |
8' |
Gedeckt | 8' |
|
Gambe |
8' |
Gedeckt |
4' |
|
Octave |
4' |
Waldflöte |
2' |
|
Gedeckt |
4' |
Sifflöte |
1' |
|
Violine |
4' |
Nasat |
2 2/3' |
|
Octave |
2' |
Terz |
1 3/5' |
|
Quinte |
2 2/3' |
Scharff 4-5 fach * |
|
|
Cornett 3-4 fach |
|
Krummhorn * |
8' |
|
Mixtur 3-5 fach |
|
(vorh. Klarinette) |
||
Trompete |
8' |
Tremulant |
Echowerk (Man III) |
Pedalwerk |
|||
Geig. Prinz. |
8' |
Prinzipal (O) |
16' |
|
Liebl. Gedeckt |
8' |
Oktavbass |
8' |
|
Salicional |
8' |
Subbass |
16' |
|
Äoline (S) |
8' |
Flötenbass |
8' |
|
gedeckt |
4' |
Violon (O) |
16' |
|
Octave |
2' |
Cello |
8' |
|
Zimbel 3 fach * |
|
Octave * |
4' |
|
(S=Schwebung) |
Quintenbass |
10 2/3' |
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Schweller |
Mixtur 3 fach |
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O = offener 16' |
Posaune |
16' |
Koppeln: I/II, I/II - II/III - P/I, P/II, P/III
Mit der Elektrifizierung wurde in den neuen Spieltisch auch ein 8-facher Setzer eingebaut.
Die große Domorgel wurde restauriert
Auf der Kirchenvorstandssitzung im März 2005 hat der Kirchenvorstand beschlossen, im Zuge der Innenrestaurierung des Domes die große Domorgel der Firma Furtwängler & Hammer aus dem Jahre 1892 zu restaurieren. Die Orgel wurde zur gleichen Zeit gebaut, in der die Neugestaltung der Kirche unter Prof. Dr. August von Essenwein durchgeführt wurde. So ist auch die Orgel ein Mosaikstein der historisierenden Gesamtkonzeption der Kirche und bildet neben dem visuellen auch einen akustischen Bestandteil der Innenausstattung.
Nach einem fast einjährigen Ausschreibungsverfahren hat eine Orgelbaukommission die Firma „Freiburger Orgelbau, Hartwig Späth“ (www.freiburgerorgelbau.de) aus March-Hugstetten in der Nähe von Freiburg im Breisgau für die Restaurierung unserer Domorgel bestimmt. Neben dem Preis war auch die bestechende denkmalpflegerische Konzeption der Restaurierung für die Entscheidung ausschlaggebend.
Im Januar 2008 wurde die Orgel vollständig abgebaut und in der Orgelbaufirma wieder aufgebaut. So war eine schrittweise Restaurierung bei gleichzeitiger Spielbarkeit möglich.
Zur Restaurierung:
Die Orgel ist in den Zustand zurückgebracht worden, der vor über hundert Jahren geplant war. Das bedeutet, dass die vor fast 20 Jahren durchgeführte Elektrifizierung entfernt und das ursprüngliche mechanische Traktursystem mit Bakermaschine wieder hergestellt und durch zusätzliche Minibaker (Servos) optimiert worden ist.
Dabei musste der Spieltisch der Orgel neu aufgebaut werden. Zum Glück ist das originale Innenleben des Spieltisches bei der Elektrifizierung in der Balgstube eingelagert worden, und somit war eine Rekonstruktion kein Problem. Das Klappern ist verschwunden.
Auch der Klang der Orgel hat sich verändert. Im Laufe der Jahre wurde das ursprüngliche romantische Klangbild durch Umstellen oder sogar Abschneiden von Pfeifen barockisiert. Auch das wurde zurückgebaut, und die Register der 1892 geplanten Orgel (siehe Disposition) sind wieder zu hören. Im Jahr 2010 ist die Orgel fertig gestellt worden und konnte so zum 875-jährigen Jubiläum des Kaiserdoms und der Wiedereinweihung der Kirche nach der Renovierung wieder erklingen.
Die Kosten dieser Restaurierung waren sehr hoch und konnten von unserer Kirchengemeinde ohne Hilfe nicht getragen werden. Der vor ein paar Jahren gegründete Förderkreis hat dazu beigetragen, das benötigte Geld für die Orgelrestaurierung zu beschaffen. Mitgliedschaft oder Einzelspenden, sowie besondere Aktionen, z. B. die Orgelpfeifen-Patenschaft oder zusätzliche „Orgeltaler“ bei Konzerten haben unser Vorhaben unterstützt.
Was ist das besondere an dieser Orgel ?
Die Domorgel wurde 1892 im romantischen Stil erbaut. Das bedeutet:
Viele grundtönige Register auf 16´-, 8´- und 4´-Basis sind die Hauptbestandteile einer „Romantischen Orgel“. Wenige 2´- und
1´-Register, tiefe Mixturen und wenige Zungenstimmen gehören zur Disposition. Man versuchte einen Klang zu erreichen, der dem eines Orchesters
gleich kam; eben einen symphonischen Klang. Die Vorstellung zu Bachs Zeiten, eine Orgel in unterschiedliche Werke zu teilen, war gewichen und man sah
die Orgel als Ganzes. Komponisten aus dieser Zeit, wie Dvorák, Liszt, Bruckner und viele mehr, waren die Maßstäbe für den
Klang.
Die Musik des Barock und der Klassik gerieten in Vergessenheit. Auf diesem neuen Orgeltyp konnte man sie auch kaum spielen. Es wurden viele berühmte Barockorgeln umgebaut, um diesen Klang zu erreichen. Manchmal so rabiat, das sie nicht mehr zu retten waren. Man entwickelte auch neue Techniken: Elektrik, Pneumatik. Und die Kegellade sei genannt. Vieles hat sich nicht bewährt.
Unsere Orgel stammt aus der Spätromantik, als man sich wieder auf Barockmusik besann. Es finden sich Originalregister, mit denen man auch Bach und andere Komponisten der Barockzeit gut spielen kann. Anfang des 20. Jahrhunderts begann die „Orgelbewegung“. Es wurden wieder viele neue Barockorgeln und sogenannte Kompromissorgeln gebaut.
In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts blies man zu Sturm auf romantische Orgeln, weil sie oft den Bedürfnissen einzelner Organisten und Kirchengemeinden nicht mehr genügten. Oft war auch die „neue“ Technik schon marode. Viele Orgeln wurden verschrottet, stillgelegt und durch neobarocke Orgelbauten ersetzt. Oftmals handelte es sich dabei um sogenannte Standardorgeln, die sich im Klang sehr ähnlich waren. Die Vielfalt der Klänge war oft dahin. Selbst Riesenorgeln, wie z. B. im Braunschweiger Dom, blieben von diesem Schicksal nicht verschont.
In Königslutter steht eine der wenigen großen Orgeln aus dieser Zeit. Sie ist ein zeitgeschichtliches Dokument wie der Kaiserdom selbst und muss unbedingt erhalten bleiben.
Die Disposition von 1892 – nach der Restaurierung
Diese Disposition war Grundlage für die Restaurierung und ist entsprechend aufgebaut worden.
Hauptwerk (Man I) C – f ''' |
Seitenwerk (Man II) C – f ''' |
|||
Principal |
16' |
Quintatön |
16' |
|
Bourdon |
16' |
Principal |
8' |
|
Principal |
8' |
Doppelflöte |
8' |
|
Gambe |
8' |
Fugara |
8' |
|
Hohlflöte |
8' |
Rohrflöte |
4' |
|
Groß Gedeckt |
8' |
Gemshorn |
8' |
|
Octave |
4' |
Viola |
4' |
|
Gemshorn |
4' |
Harmonieflöte |
2' |
|
Gedeckt Flöte |
4' |
Nazard |
2 2/3' |
|
Quinte |
2 2/3' |
Progressiv harmonika |
2-4 fach |
|
Octave |
2' |
Clarinette |
8' |
|
Cornet |
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Tremulant (Evakuant) |
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Mixtur 3-4 fach |
|
|
||
Trompete |
8' |
|
Echowerk (Man III) C – f ''' |
Pedalwerk C – d ' |
|||
Aeoline |
16' |
Prinzipalbass |
16' |
|
Geigenprinzipal |
8' |
Violon |
16' |
|
Salicional (Schwebung) |
8' |
Subbass |
16' |
|
Flöte Travers |
8' |
Quintbaß |
10 2/3'' |
|
Aeoline |
8' |
Octavbass |
8' |
|
Liebl. Gedeckt |
8' |
Flötenbass |
8' |
|
Zartflöte |
4' |
Oktave |
4' |
|
Violine |
4' |
Cello |
8' |
|
Oboe |
8' |
Posaunbass |
16' |
|
|
Trompete |
8' |
Koppeln:
Man I – Man II, Man II – Man III, Man I – Ped.
Setzeranlage mit Sequenzer
Feste Kombinationen:
p, pp, mf, forte, tutti, Fortepedal, Pianopedal
Der Ausbau der Domorgel – ein Rückblick
In der Rekordzeit von nicht einmal einer
Woche haben 4 Mitarbeiter der Orgelbaufirma „Freiburger Orgelbau Hartwig Späht“ die Orgel komplett abgebaut und in zwei Container
verstaut. Alle 2500 Pfeifen, Teile der alten Traktur, Ständerwerk, die Windladen, Schwellwerkstüren, der Spieltisch und die vielen
kleinen und großen Konstruktionsteile wurden fachgerecht abgebaut und archiviert, damit die Orgel auch wieder zusammengebaut werden konnte.
Auch der Prospekt wurde von der Orgelempore geholt und musste den Weg nach Freiburg i. Br. antreten.
Dort hat der
Restaurator Claus-Peter Lindl sofort mit der Arbeit begonnen, die vielen Orgelteile zu restaurieren.
Der Magazinbalk für die Windversorgung musste wegen der riesigen Ausmaße an seinem Platz bleiben und wurde vor Ort aufgearbeitet. Einige Zeit war auf der Empore ein großes „Loch“ und viel Platz für den Aufbau der Gerüste zum Ausbessern des Putzes und zur Restaurierung der Vermalung.
Der Wiedereinbau, der mit der
Intonation der Orgelpfeifen einige Monate gedauert hat, erfolgte Anfang 2010.
In der Zwischenzeit erklang die digitale Orgel aus dem Refektorium bei großen Gottesdiensten im Dom.
Das Postiv im Chorraum
Im Chorraum des Domes steht zusätzlich noch ein kleines Positiv mit 5 Registern (Gedecktflöte 8´, Rohrflöte 4´, Octave 2´, Terzett 1 1/3 und Ranquett 16´) und angehängten Pedal. In Planung ist der Anbau eines 16´-Registers nur für das Pedal.